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Wieso? Weshalb? Warum? - Wer nicht schützt, wird stumm

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Auch wenn einige Menschen es nicht wahrhaben wollen, müssen wir einer traurigen Wahrheit ins Gesicht blicken: Wir erleben gerade das größte Artensterben seit die Dinosaurier eher unfreiwillig den Erdball verlassen haben. Expert:innen schätzen die heutigen Aussterberaten auf ein Hundertfaches dessen ein, was unter natürlichen Bedingungen „normal“ wäre.1

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Nach den Kategorien der IUCN sind Riesenotter, die im peruanischen Amazonasgebiet beheimatet sind, stark gefährdet und stehen auf der Roten Liste.

Auswirkungen des Artensterbens

Aber wieso ist das eigentlich so schlimm für uns? Wieso sollten wir etwas dagegen unternehmen, wenn es doch immer noch Millionen Tier- und Pflanzenarten weltweit gibt?

Die Antwort liegt eigentlich auf der Hand: Das Artensterben schadet sowohl den Ökosystemen, in denen die betroffenen Arten vorkommen, als auch angrenzenden Regionen. Und auf lange Sicht schadet es auch dem Menschen. Die ideal aufeinander abgestimmten Artenverbände, die sich in intakten Ökosystemen finden lassen, sind durch fragile Verflechtungen untereinander verbunden. Die verschiedenen Arten unterstützen sich sozusagen unbewusst - und auch wir bekommen davon normalerweise wenig mit. Fällt aber nun eine Art weg, wird diese komplexe Struktur komplett durcheinandergebracht.

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Grizzlybären, Lachse, Orcas und Raubvögel - sie alle sind im empfindlichen Ökosystems des temperierten Regenwaldes miteinander verbunden. 

Der Kreislauf der Lachse

Ein gutes Beispiel dafür ist der Lachs, der eine zentrale Rolle in den Regenwäldern Westkanadas spielt. Sie sind das Bindeglied in einem komplizierten Kreislauf, der viele Bewohner dieses empfindlichen Ökosystems einschließt. Ein Fünftel der weltweiten Lachsvorkommen haben ihren Ursprung in den Flüssen des kanadischen Westküstenregenwaldes. Von dort aus wandern sie ins Meer. Auf der Reise der Lachse sorgt der Regenwald für ihr Wohlergehen: die Wurzeln der Bäume halten das Ufer zusammen, Äste und Baumkronen überschatten das Gewässer und Holz, Blätter und Nadeln liefern wichtige Nährstoffe. Im Meer angekommen stellen die Lachse eine wichtige Nahrungsquelle dar, beispielsweise für Orcas. Nach zwei Jahren im Ozean wandern die Lachse zu Millionen zurück in ihre Geburtsbäche, und dienen auf ihrer beschwerlichen Reise vielen weiteren Tieren als Nahrung, darunter Grizzlybären, Küstenwölfe und zahlreiche Raubvogelarten. Letztere tragen die Fische teilweise in den Wald hinein, fressen dort die feinsten Teile und lassen reichlich Speisereste liegen, die langsam verwesen. Dabei werden sie in ihre chemischen Bestandteile zerlegt und versorgen so den Boden mit wichtigen Nährstoffen (z.B. Stickstoff), die wiederum den Bäumen zugutekommen. 

Wird auch nur ein einziger „salmon run“ durch Abholzung der Wälder, die daraus resultierende Verschlammung und den Temperaturanstieg in den Flüssen verhindert, oder durch die Fischindustrie gestört, ist der natürliche Kreislauf empfindlich gestört. Fehlen die Lachse, fehlt den zahlreichen Jägern die Nahrung, was sich wiederum negativ auf die Nährstoffversorgung der Pflanzen im Regenwald auswirkt.

 

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Selbst die kleinsten Lebewesen wie die Blattschneideameise sind von großer Bedeutung für ein funktionierendes Ökosystem. 

Die wirtschaftlichen Folgen des Artensterbens

Ökosysteme, die sonst für sauberes Wasser und saubere Luft sorgen, eine Nahrungsgrundlage für alle Bewohner:innen sowie Schutzwälle gegen Überflutungen und Tsunamis bilden, sind ab einem bestimmten Punkt genau dazu nicht mehr in der Lage. Sie verwehren den Dienst, den sie sonst kostenlos zur Verfügung gestellt haben. Sie verlieren ihre Widerstandskraft und werden anfälliger für schädliche Außeneinflüsse.2,3

Ein sehr präsentes Beispiel dafür ist das Aussterben der Bienen. Schätzungen der FAO (Food and Agriculture Organization of the United Nations) zufolge hängen etwa 35% der weltweiten landwirtschaftlichen Erträge direkt von der Bestäubung durch Bienen ab. Ein Verlust dieser Bestäuber könnte zu einem Ertragsrückgang von bis zu 30% führen, was wirtschaftliche Verluste in Höhe von Milliarden von Dollar für die Landwirtschaft zur Folge hätte.4

Laut des United Nationls Environmental Programme (UNEP) könnten auch die globalen Verluste durch die Zerstörung von Korallenriffen in den kommenden Jahrzehnten bis zu 2,7 Milliarden Dollar jährlich betragen. Diese Verluste resultieren aus der Beeinträchtigung der Fischereiindustrie, sowie dem Verlust von Tourismus- und Küstenschutzdienstleistungen.5

Zum Schutz der Vielfalt

Die Zahlen sprechen für sich: Die IUCN (International Union for Conservation of Nature and Natural Resources) spricht von 46.337 bedrohten Arten bei einer Grundmenge von 166.061 erfassten Arten – das entspricht rund einem Viertel aller von der IUCN bewerteten Arten!6,7

Doch nicht nur der Verlust zahlreicher Arten wiegt schwer. Es gibt noch zwei weitere Aspekte der Biodiversität, die wir nicht vernachlässigen dürfen: Die Vielfalt der Ökosysteme und die genetische Vielfalt. Vor allem letztere wird auch durch das Sterben einzelner Individuen stark beeinflusst. Denn je weniger Exemplare einer Art existieren, desto weniger genetische Vielfalt entsteht bei der Nachfolgegeneration, wodurch diese weniger resistent und anfälliger für Krankheiten ist. 

 

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Die Gattung "Sonnentau" bildet mit über 200 Arten die zweitgrößte Gattung fleischfressender Pflanzen. Den langblättrige Sonnentau findet man in Nordamerika recht häufig - in Deutschland ist er stark gefährdet und steht unter Naturschutz.

Die Gründe für diesen katastrophalen Zustand sind divers, doch hauptsächlich sind die zunehmende Umweltverschmutzung, der Klimawandel und der daraus resultierende Verlust von Lebensräumen verantwortlich.8 Kurz: Wir Menschen sind schuld. Doch es gibt auch viele Möglichkeiten, dem entgegenzuwirken. 

Zum einen natürlich auf politischer Ebene. Es müssen globale Ziele gesetzt sowie Maßnahmen zum Schutz von Umwelt und Biodiversität beschlossen und eingehalten werden. Dazu bedarf es allerdings einer deutlich stärkeren Vernetzung und besserer Zusammenarbeit, als es aktuell der Fall ist. Ein guter Ansatz ist es beispielsweise, marine Schutzräume einzurichten und bestehende Wälder zu schützen. So können (menschliche) Einflüsse von außen auf ein absolutes Minimum reduziert werden. Dabei können schon erste Erfolge verzeichnet werden: Studien gehen davon aus, dass der marine Lebensraum mithilfe von Schutzzonen bis 2050 wieder ins Gleichgewicht gebracht werden könnte, wenn entsprechende Maßnahmen unterstützt und umgesetzt werden.8,9

Doch auch wir können aktiv etwas für den Artenschutz tun, angefangen bei unseren politischen Entscheidungen, der Wahl unseres Stromanbieters, über unsere Wärmeversorgung und Mobilität bis hin zu täglichen Konsumentscheidungen und unserer Ernährung. 

Hard Facts zum Artensterben: 

  • Blinder Fleck: Wissenschaftler:innen schätzen, dass es weltweit 8,7 Millionen Arten gibt – doch erst 1,2 Millionen wurden wissenschaftlich beschrieben (ca 17 %!)11. Viele könnten aussterben, bevor wir sie überhaupt entdecken.

  • Dramatischer Artenrückgang: Rund ein Drittel aller Arten ist gefährdet12, alle paar Minuten stirbt eine Art aus13 und die Tendenz ist steigend. Zudem nimmt auch die Häufigkeit der Lebewesen ab. Betrachtet man alleine die Wirbeltiere, so hat sich die Zahl im Vergleich zu 1970 mehr als halbiert14

  • (Über-)Lebensgrundlage: Der Weltbiodiversitätsrat (IPBES) schätzt, dass 5 bis 8 Prozent der weltweiten Ernteerträge direkt auf die Bestäubung durch Tiere zurückzuführen sind. Alle Melonen-, Kakao- und Kiwiblüten werden von Tieren bestäubt und etwa die Hälfte der Apfel-, Birnen- und Kirschproduktion hängt von der Bestäubung durch Tiere ab.13

  • Dominoeffekt: Mit dem Aussterben einer einzigen Regenwald-Pflanzenart ist oftmals das Aussterben von 10 bis 30 Tier- und Pflanzenarten verbunden, da die meisten Organismen im Regenwald voneinander abhängig sind.15

  • Finanzielle Abhängigkeit: Mehr als die Hälfte des globalen Bruttoinlandsprodukts jedes Jahr - 44 Billionen USD - ist Schätzungen zufolge mäßig oder stark von der Natur und ihren Leistungen abhängig.16

  • Co-Benefits des Artenschutzes: Alle Artenschutzmaßnahmen tragen gleichzeitig zur Stabilisierung des  Klimas bei, wohingegen nicht jedes “Klimaschutzprojekt” auch Arten schützt oder sogar schädlich für die Biodiversität sein können.17

Hard Facts zum Artensterben:

  • Blinder Fleck: Wissenschaftler:innen schätzen, dass es weltweit 8,7 Millionen Arten gibt – doch erst 1,2 Millionen wurden wissenschaftlich beschrieben (ca 17 %!)11. Viele könnten aussterben, bevor wir sie überhaupt entdecken.

  • Dramatischer Artenrückgang: Rund ein Drittel aller Arten ist gefährdet12, alle paar Minuten stirbt eine Art aus13 und die Tendenz ist steigend. Zudem nimmt auch die Häufigkeit der Lebewesen ab. Betrachtet man alleine die Wirbeltiere, so hat sich die Zahl im Vergleich zu 1970 mehr als halbiert14

  • (Über-)Lebensgrundlage: Der Weltbiodiversitätsrat (IPBES) schätzt, dass 5 bis 8 Prozent der weltweiten Ernteerträge direkt auf die Bestäubung durch Tiere zurückzuführen sind. Alle Melonen-, Kakao- und Kiwiblüten werden von Tieren bestäubt und etwa die Hälfte der Apfel-, Birnen- und Kirschproduktion hängt von der Bestäubung durch Tiere ab.13

  • Dominoeffekt: Mit dem Aussterben einer einzigen Regenwald-Pflanzenart ist oftmals das Aussterben von 10 bis 30 Tier- und Pflanzenarten verbunden, da die meisten Organismen im Regenwald voneinander abhängig sind.15

  • Finanzielle Abhängigkeit: Mehr als die Hälfte des globalen Bruttoinlandsprodukts jedes Jahr - 44 Billionen USD - ist Schätzungen zufolge mäßig oder stark von der Natur und ihren Leistungen abhängig.16

  • Co-Benefits des Artenschutzes: Alle Artenschutzmaßnahmen tragen gleichzeitig zur Stabilisierung des  Klimas bei, wohingegen nicht jedes “Klimaschutzprojekt” auch Arten schützt oder sogar schädlich für die Biodiversität sein können.17

Unser Fazit

Mehr Aufmerksamkeit für den Artenschutz zu schaffen scheint mitunter schwierig, denn die Veränderungen erfahren wir nicht direkt am eigenen Körper. Während wir den Klimawandel besonders aufgrund von Temperaturanstiegen und Naturkatastrophen erleben, sind die schwindenden Dienstleistungen und fehlenden Produkte der Ökosysteme zunächst nicht ganz so auffällig. Erst nach und nach wird immer klarer, dass mit den Tieren und den Pflanzen auch ein äußerst wertvolles Netz aus Vorteilen verschwindet.10

Artenschutz ist neben der Stabilisierung des Klimas eine der wichtigsten Aufgaben, um diesen Planeten auf Dauer lebensfähig zu halten. Sauberes Wasser, saubere Luft, fruchtbare Erde – ohne die Vielfalt der Arten und Ökosysteme undenkbar. Auf lange Sicht wäre auch der Mensch nur eine weitere Art, die mit vielen anderen auf der Roten Liste landen könnte.

 

Quellen

1Hübner, S. (2024, 4. November). Artenvielfalt: Der vergessene Wert der Biodiversität. Tagesschau.de. https://www.tagesschau.de/wissen/klima/biodiversitaet-wert-100.html 
2Großheim, B. (2024, 21. Oktober). Biodiversität: Warum von biologischer Vielfalt alle profitieren. Tagesschau.de. https://www.tagesschau.de/wissen/klima/biodiversitaet-artenvielfalt-konferenz-kolumbien-100.html 
3Langer, F. (2025, 6. Januar). „Das Artensterben zu ignorieren ist der vielleicht größte Fehler der Menschheit“. Geo.de. https://www.geo.de/wissen/-das-artensterben-zu-ignorieren-ist-der-vielleicht-groesste-fehler-der-menschheit--30820988.html 
4FAO (Food and Agriculture Organization of the United Nations). (2018). The state of the world’s biodiversity for food and agriculture. https://www.fao.org/3/CA3129EN/CA3129EN.pdf 
5UNEP (2023, November 23). Coral reefs. UNEP - UN Environment Programme. https://www.unep.org/topics/ocean-seas-and-coasts/blue-ecosystems/coral-reefs
6IUCN Red List of Threatened Species. (o. D.). IUCN. https://iucn.org/resources/conservation-tool/iucn-red-list-threatened-species 
7The IUCN Red List of Threatened Species. (o. D.). IUCN Red List Of Threatened Species. https://www.iucnredlist.org/ 
8WWF (2022). Artensterben. https://www.wwf.de/themen-projekte/artensterben 
9Steffens, D. (2022, 8. Dezember). Weltnaturgipfel diskutiert über Artenschutz: Könnten alle Tiere verschwinden? Geo.de. https://www.geo.de/natur/tierwelt/weltnaturgipfel-diskutiert-ueber-artenschutz--koennten-alle-tiere-verschwinden--32985782.html 
10Carstens, P. (2024, 29. Oktober). Psychologie: Warum es so schwer ist, Aufmerksamkeit für die Biodiversitätskrise zu erzeugen. Geo.de. https://www.geo.de/natur/oekologie/psychologie--warum-es-so-schwer-ist--aufmerksamkeit-fuer-die-biodiversitaetskrise-zu-erzeugen-35183862.html 
11Mora, C., Tittensor, D. P., Adl, S., Simpson, A. G. B., & Worm, B. (2011). How many species are there on earth and in the ocean? PLoS Biology, 9(8), e1001127. https://doi.org/10.1371/journal.pbio.1001127 
12The IUCN Red List of Threatened Species. (o. D.). IUCN Red List Of Threatened Species. https://www.iucnredlist.org/ 
13Bernards, M. (2022, 7. December). Adaptation or extinction: What climate change and land use mean for biodiversity. Aktuelles Aus Der Goethe-Universität Frankfurt; Goethe-Universität. https://aktuelles.uni-frankfurt.de/en/news-in-brief/adaptation-or-extinction-what-climate-change-and-land-use-mean-for-biodiversity/ 
14WWF & ZSL (Zoological Society of London) Institute of Zoology. (2022). Living Planet Report 2022 – Building a nature-positive society (R. E. A. Almond, M. Grooten, D. Juffe Bignoli & T. Petersen, Hrsg.) [Report]. WWF. https://www.wwf.de/fileadmin/fm-wwf/Publikationen-PDF/WWF/WWF-lpr-living-planet-report-2022-full-version-english.pdf 
15Siebert, S. (2011). Infoblatt Artensterben und Artenschutz. In Haack Weltatlas-Online. Klett. Retrieved from https://www2.klett.de/sixcms/list.php?page=infothek_artikel&extra=Haack%20Weltatlas-Online&artikel_id=108115&inhalt=klett71prod_1.c.139753.de
16Forest Declaration Assessment Partners. (2024). Forests under fire: Tracking progress on 2030 forest goals. Climate Focus (Ed.). Retrieved from https://www.forestdeclaration.org
17Fischer, F. (2024, 28. Februar). Artenschutz und Klimawandel: Synergien und Herausforderungen [Konferenzpräsentation]. Jahrestagung des BNV e.V., Berlin, Germany. https://www.bnw-bundesverband.de/jahrestagung-2024
 

 

Text: Sarah Sassenhagen, Ulrike Pröschild, Marie Schreiber

 

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