StartseiteNews We want Moor!
Wer gemeinsam mit uns Wald schützt, bekommt ganz transparent die Koordinaten des geschützten Landstückes zugesandt - und mehr als einmal haben uns irritierte Nachfragen erreicht, wenn dort kein dichter Wald zu finden war. Besonders in unseren Schutzgebieten an der Westküste Kanadas, auf Porcher Island, ist das hin und wieder der Fall. Die entsprechenden Gebiete sind allerdings nicht - wie von einigen befürchtet - bereits abgeholzt (wäre das der Fall, würden wir sie natürlich nicht kaufen), sondern etwas ganz besonderes: ein Hochmoor!
Die Hochmoore auf Porcher Island sind wunderschöne, magisch anmutende Orte.
Moore zählen genau wie Auen, Bruchwälder und Sümpfe zu den Feuchtgebieten und liegen im Übergangsbereich zwischen trockenen und dauerhaft feuchten Ökosystemen. Sie sind untrennbar mit dem Wasser verbunden. Dieses stammt entweder direkt aus Niederschlägen oder ist Grundwasser aus dem Boden. Damit ein Moor dauerhaft bestehen kann, muss allerdings ein Gleichgewicht zwischen Wasserzufuhr und Wasserabfluss bestehen. Die ständige Wasserversorgung sorgt dafür, dass Moore auch in Trockenzeiten nicht austrocknen.
Der stetig hohe Wasserstand im Boden sorgt dafür, dass dieser kaum Sauerstoff bekommt. Dadurch werden absterbende Teile von Pflanzen im Moor nicht komplett zersetzt, sondern bilden über Jahrtausende hinweg die charakteristische meterdicke Torfschicht. Das ist ein sehr langsamer Prozess, der nach der letzten Eiszeit besonders dort eingesetzt hat, wo es feucht und kühl war. Die Moore in Westkanada können daher bis zu 10.000 Jahre alt sein und wachsen nur etwa einen Millimeter pro Jahr.1
Moore können daher bis zu 10.000 Jahre alt sein und wachsen nur etwa einen Millimeter pro Jahr.
GHOSTBUSTER
Waldmoore und CO2-Speicher auf Porcher Island
Obwohl heute nur noch etwa 1-3 % der Erdoberfläche von Mooren bedeckt sind, sind dort über 30 % der gesamten Bodenkohlenstoffvorräte gespeichert.2 Das liegt daran, dass der Kohlenstoff der abgestorbenen Pflanzen nicht komplett in die Atmosphäre entweichen kann, weil durch das Wasser der Sauerstoff fehlt, den der Kohlenstoff zum Entweichen braucht. Stattdessen wird dieser im Torf gespeichert. Intakte Moore, wie in unseren Schutzgebieten, sind also gigantische Kohlenstoffsenken. Bei 6 m dickem Torfboden könnte ein Hochmoor um die 550-1.100 kg CO2/m2 speichern3 - im Wald wären es "nur" etwa 60 kg CO2/m2.
Damit das Wachstum von Torfmoos aufrechterhalten werden kann, muss der Wasserstand in Hochmooren immer hoch genug sein. Wenn ein Moor entwässert wird, sinkt der Grundwasserspiegel und der Torf trocknet aus. Dies führt zur Zersetzung des Torfs und setzt die riesigen Mengen CO2 frei, die zuvor gespeichert waren. Der Verlust von Mooren durch Entwässerung hat demnach katastrophale Auswirkungen auf unser Klima!
Auf unserer letzten Expedition hat Content Creator Rick Azas einen Deep Dive ins Moor gewagt.
Seit dem 17. Jahrhundert werden immer mehr Moore systematisch entwässert. Grund dafür sind, wie so oft, die Forst- und Landwirtschaft, der Bau von Siedlungen und der Abbau von Torf - denn Torf brennt fast so gut wie Braunkohle. Außerdem eignet sich Torf super als Blumenerde, da er Wasser gut speichert und aufgrund der wenigen enthaltenen Nährstoffe weitestgehend frei von Unkrautsamen und Krankheitserregern ist.
Besonders in Industriestaaten wie Deutschland sind nur noch wenige natürliche Moore erhalten. Weltweit wird die entwässerte Moorfläche auf über 50 Millionen Hektar geschätzt - das entspricht fast der kompletten Landfläche Spaniens! Tendenz: steigend. Deshalb müssen Moore und auch ihre umliegenden Wälder unbedingt geschützt werden! Nicht nur wegen ihrer großen Bedeutung für unser Klima, sondern auch wegen der enormen Biodiversität und all der Arten, die sich an diesen Lebensraum angepasst haben und sonst nirgends vorkommen. Aufgrund ihres hohen Alters und der nur langsam wachsenden Torfschicht, sind Moore auch nur schwer wiederherzustellen. Daher freut es uns sehr, dass wir in unseren kanadischen Schutzgebieten so viele Moore haben!
Die Moore auf Porcher Island sind mit die Orte auf der Welt, wo das meiste CO2 in der Natur gespeichert ist. In Deutschland haben wir nur 2 % unserer Moore übrig, aber hier auf Porcher speichern die Moore zwischen 100 und 300 kg CO2/m2! Aber sobald Menschen irgendeinen Einfluss nehmen, wird das Moor in der Regel irgendwo verletzt und fängt an auszulaufen - wie eine Badewanne, der man den Stöpsel gezogen hat."
Kai Andersch
Forstwissenschaftler und Vorstandsvorsitzender
Mehr als 10 % der Fläche Kanadas sind von Mooren bedeckt und das Land verfügt über einen großen Teil der weltweiten Torfressourcen (etwa 13 %).4 Insbesondere Porcher Island, wo sich unsere kanadischen Schutzgebiete befinden, besteht zu 26-50 % aus Mooren.2 Der Großteil davon sind Hochmoore. Diese haben keinen Zugang zum Grundwasser und sind ausschließlich auf Niederschlagswasser mit den darin enthaltenen Nährstoffen angewiesen. Darum werden sie auch als Regenmoore bezeichnet. Sie sind extrem sauer und nährstoffarm, und nur wenige Pflanzen sind an diesen extremen Standort angepasst: Hauptsächlich vorzufinden sind Torfmoose (Sphagnum-Arten), die ohne Wurzeln in der Lage sind, die wenigen verfügbaren Nährstoffe über ihre Blätter zum Wachsen aufzunehmen. Im unteren Bereich sterben sie durch den zunehmenden Lichtabschluss ab.
Der fleischfressende Sonnentau (Drosera) ist perfekt an die Bedingungen im Moor angepasst. Er kommt auch bei uns in Deutschland vor - ist hier aber stark bedroht!
Moore gibt es tatsächlich nicht nur in Kanada, sondern überall auf der Welt - in den Bergen, im Flachland, mitten in großen Wäldern (wie in unseren Schutzgebieten in Kanada) und an der Küste. Es gibt verschiedene Moortypen, die sich je nach Klimazone in ihrer Beschaffenheit, Vegetation und ihren Bewohnern unterscheiden.
Moore sind oft in Klimazonen zu finden, in denen hohe Niederschlagsmengen oder kalte Temperaturen auftreten - oder beides. Das ist rund um den Äquator, sowie in subarktischen, borealen und ozeanisch-gemäßigten Zonen vor allem auf der Nordhalbkugel der Fall. Zu letzterer gehören auch unsere Schutzgebiete an der Küste Westkanadas. Die klimatischen Bedingungen in diesen Gebieten sorgen dafür, dass Biomasse nur sehr langsam abgebaut wird, wodurch die Moorbildung begünstigt wird. In weniger feuchten, subtropischen Regionen sind Moore weniger verbreitet, doch auch dort gibt es sie, beispielsweise in niederschlagsreichen Gebirgsregionen oder in der Nähe großer Flüsse. Weltweit wird die Fläche aller Moore auf 500 Millionen Hektar geschätzt. Das ist allerdings nur ein Näherungswert, da viele große Gebiete bisher nicht genau kartiert wurden und viele kleinere Gebiete bislang noch unentdeckt sind.1
Informiere dich und andere über die Bedeutung von Mooren und die Bedrohungen, denen sie ausgesetzt sind - zum Beispiel indem du Beiträge wie diesen in sozialen Netzwerken teilst.
Förderung torffreier Produkte: Torf wird oft im Gartenbau verwendet, was die Zerstörung von Mooren begünstigt. Verwende und kaufe torffreie Blumenerde und kompostiere, wenn möglich, selbst.
Persönliches Verhalten: Besuche Moore nur auf ausgewiesenen Wegen, um die empfindliche Vegetation nicht zu beschädigen.
Unterstützung von Naturschutzorganisationen: Engagiere dich bei oder unterstütze Organisationen, die sich für den Schutz von Mooren einsetzen, etwa durch Spenden oder ehrenamtliche Arbeit. Gemeinsam mit uns kannst du beispielsweise Moore in Kanada schützen.
In dieser Folge von "Mission Kanada" besuchen Robert und Kai gemeinsam mit dem WI Team das Hochmoor in unserem Schutzgebiet und gewähren weitere, spannende Einblicke in Flora und Fauna.
1Mooratlas: Daten und Fakten zu nassen Klimaschützern. (2023). Heinrich-Böll-Stiftung. https://www.boell.de/de/2022/11/17/mooratlas-2023.
Harris, L. I., Richardson, K., Bona, K. A., Davidson, S. J., Finkelstein, S. A., Garneau, M., McLaughlin, J., Nwaishi, F., Olefeldt, D., Packalen, M., Roulet, N. T., Southee, F. M., Strack, M., Webster, K. L., Wilkinson, S. L., & Ray, J. C. (2022). The essential carbon service provided by northern peatlands. Frontiers in Ecology and the Environment, 20(4), 222–230. https://doi.org/10.1002/fee.2437
2Wildlife Conservation Society Canada. (2019, August 23). Northern peatlands in Canada. Esri. https://storymaps.arcgis.com/stories/19d24f59487b46f6a011dba140eddbe7
3Berechnung basiert auf der durchschnittliche Torfdichte von ca. 0,1 g/cm³ und Kohlenstoffgehalt des Torfes, basierend auf den typischen Kohlenstoffgehalten im Torfboden (etwa 50% des Trockengewichts).
4Tarnocai, C., Kettles, I. M., & Lacelle, B. (2011). Peatlands of Canada. Natural Resources Canada/CMSS/Information Management. https://doi.org/10.4095/288786.