StartseiteNews Statement zu Lichtenauer-Doku der ARD
Positionierung zur ARD Fakt-Reportage vom 09. Januar 24
Unsere Blick auf die Reportage über das Engagement von Lichtenauer & Co. in Peru
Eine neue Fakt-Reportage der ARD, die Anfang Januar erschien, beleuchtet kritisch das Umweltschutz-Engagement einiger großer deutscher und internationaler Unternehmen wie Lichtenauer und Shell mit offiziellen CO2-Zertifikaten aus Peru.
Die Reportage hat keinerlei Bezug zu uns. Aber es geht um Naturschutz in der Region Madre de Dios entlang des Tambopata-Flusses, also genau das Gebiet, in dem auch wir uns für den Regenwald engagieren. Es wird ein sehr kritischer Blick auf (v.a. internationales) Engagement für den Wald und die Zusammenarbeit mit den Menschen in der Region geworfen.
Daher möchten wir gerne proaktiv die Gelegenheit nutzen, unsere Perspektive zu erläutern. Wir wollen aufzeigen, dass konkret wirksames und transparentes Engagement in dieser Region durchaus möglich ist.
Teil 1: Lichtenauer & CO2-Zertifikate aus Peru
Lichtenauer engagiert sich für den Waldschutz in Madre de Dios und hat dort über ClimatePartner CO2-Zertifikate aus Paranuss-Konzessionen gekauft, welche wiederum vom Unternehmen “Bosques Amazónicos” verkauft werden.
Als Referenzgebiet wurde vom Zertifizierer VERRA das Gebiet “La Pampa” gewählt, das durch zahlreiche illegale Minen mittlerweile einer Mondlandschaft gleicht. Kritisiert wird, dass dieses Gebiet nicht geeignet sei als Referenz für die vermutetete Abholzung auf der Fläche der Paranusskonzession.
Vorgeworfen wird, dass deshalb zu viele CO2-Zertifikate erstellt wurden und Lichtenauer somit Greenwashing betreibe. Zudem fehle den lokalen Paranuss-Konzessionär:innen Unterstützung gegen illegale Invasionen, das Gebiet werde also nicht wie versprochen angemessen geschützt. Die Firma Bosques Amazónicos, die die Zertifikate verkauft, sei nicht ansprechbar gewesen.
Was wir anders machen
Wir schützen Wald durch rechtssicheren Kauf mit Grundbucheintrag, und das langfristig. CO2-Zertifikate schützen Wald immer nur für 30 Jahre im Rahmen einer Konzession.
Jede Spende ist konkret wirksam: Ein Euro Spende schützt einen Quadratmeter Wald.
Dank Geokoordinaten ist transparent nachvollziehbar, wo sich dieser befindet.
Lokale Waldhüter:innen sichern täglich den Schutz der Gebiete und unterstützen die Forschungsarbeit.
Wir investieren aktuell stark in Agroforstprojekte mit den Menschen der Region.
Sie werden gemeinsam mit Camino Verde und Salomon Perez’ Farm “Fundo Ten Paciencia” in den an unsere Schutzgebiete angrenzenden Flächen umgesetzt, so bspw. mit der Montegrande Community.Diese Projekte sind nicht nur in Form von Umweltbildung eine wichtige Investition in den langfristigen Waldschutz, sondern schaffen vor allem Arbeitsplätze und ermöglichen einen nachhaltigen Lebensunterhalt.
Sie befinden sich jedoch noch in der Anfangsphase, weil wir uns erst seit 2021 in Peru aktiv engagieren und das Kontakte Knüpfen und der Aufbau von qualitativen Zusammenarbeiten Zeit braucht.
Wir vergeben keine offizielle Zertifikate, denn wir finden das System prinzipiell schlecht.
Das grundlegendste Problem mit den Zertifikaten ist, dass sie für Waldkonzessionen vergeben werden. Diese sind auf maximal 30 Jahre begrenzt. Danach wird neu entschieden, was mit dem Waldgebiet passiert. Es ist also kein langfristiger Schutz der Jahrtausende alten Ökosysteme garantiert. Zweitens können die Zertifikate auf dem internationalen Markt gehandelt werden.
So verdienen die zahlreichen beteiligten Unternehmen, welche die Zertifikate weiterverkaufen, viel Geld. Wenig Geld hingegen kommt bei den Menschen an, welche den Wald täglich wirklich vor Ort mit ihrer praktischen Arbeit schützen. Zudem sind wie im Beispiel von Lichtenauer zwischen denen, die die Konzession schützen und denen, die die Zertifikate am Ende kaufen, so viele Zwischenhändler:innen beteiligt, dass schwer nachzuvollziehen ist, welche Projekte wirklich gut funktionieren.
Wir haben bereits überlegt, mit einem “Twist” ebenfalls offizielle CO2-Zertifikate vergeben zu können: Auf diese Weise wollten wir es Unternehmen, welche diese Zertifikate brauchen, ermöglichen an uns zu spenden. Gleichzeitig wollten wir die Zertifikate aber nur direkt und nur für ihren tatsächlichen Preis verkaufen, also lediglich die Kosten decken, die wir mit der Zertifizierung hatten. Zusätzlich sollten die Zertifikate nur in verpflichtendem Zusammenhang mit der Unterstützung unseres Kernprojekts zu haben sein: Für 1 Tonne CO2-Zertifikat aus einer Konzession sollten also immer auch 17 m2 dauerhaft und rechtssicher mit Grundbucheintrag gekaufter und geschützter Regenwald hinzukommen.
Dafür haben wir uns intensiv mit Verra und dem Zertifizierungs-Prozess beschäftigt und finden immer mehr Fehler darin. Vor allem die Logikbrüche bei den Referenzarealen sind aus unserer Sicht nicht tragbar. Wir werden dieses Projekt mit Verra nicht weiterverfolgen.
Teil 2: Greenwashing durch Shell
Zudem kritisiert die Reportage im zweiten Teil ein Projekt von Shell zum Naturschutz in der Cordillera Azul, wo 1,6 Mio. Hektar Regenwald bewahrt werden sollen. Der lokalen Bevölkerung soll es besser gehen. Wo oder wie genau der Wald geschützt wird und die Menschen unterstützt werden, konnten die Journalist:innen nicht in Erfahrung bringen.
Zur Geschichte der Gegend bringen sie allerdings in Erfahrung, dass ein staatliches Naturschutzgebiet errichtet wurde, das dann an eine NGO zur Verwaltung übergeben wurde, welche in den Zertifikate-Handel einstieg. Bei Errichtung des Schutzgebiets sollen aber mindestens fünf Familien aus ihrem Land vertrieben worden sein. Allgemeiner Kritikpunkt ist hier, dass die lokale Bevölkerung, teils indigen, die das Gebiet schon seit hunderten von Jahren schützt, und am wenigsten zum Klimawandel beigetragen hat, am wenigsten vom Zertifikate-Handel profitiert, und sogar darunter leidet.
Was wir anders machen
Uns geht es nicht um Menschen oder Wald, sondern darum, wie beides zusammen funktionieren kann. Es hat in dieser Region Amazoniens seit vielen tausend Jahren ein hochfunktionales Miteinander zwischen den Menschen und den Wäldern gegeben, weil sie wussten, wie sie mit dem Ökosystem umgehen sollten (bspw. durch Terra Preta), ohne es zu zerstören. Demnach findet sich hier eine Jahrtausende alte Besiedlungsgeschichte, bis europäische Ansprüche auf Profitmaximierung durch Ressourcenabbau von Holz, Gold etc. das Ökosystem zerstörten. Zudem wurden von den Siedler:innen viele Krankheiten eingeschleppt, wodurch in vielen Regionen große Teile der Bevölkerung gestorben und das Wissen und Können der mündlichen Kulturen zu großen Teilen verloren gegangen sind.
Für unsere Schutzgebiet vertreiben wir niemanden. Wir erwerben Landstücke, die von den Eigentümer:innen zum Verkauf stehen und auf denen niemand dauerhaft lebt. Meist sind die Menschen froh, ihren geliebten Wald, in dem sie aufgewachsen sind, in feste lokale und internationale Hände zu geben, sodass dieser dauerhaft geschützt wird.
Zudem möchten manche Besitzer:innen das Gebiet auch nach dem Verkauf für nachhaltige Aktivitäten wie bspw. sanften Ökotourismus weiternutzen. Dann gehen wir Kooperationen ein, so bspw. mit der Wasai Lodge. Manchmal kaufen wir auch nur den intakten Wald auf dem Grundstück die Vorbesitzenden nehmen mit dem restlichen Gebiet an Agroforstprojekten teil. Zudem bieten wir Jobs für Waldhüter:innen und in der Forschung.
Viele Themen in einer Reportage?
Wir müssen sagen: Wir sind etwas enttäuscht über die Qualität der Reportage im Ersten Deutschen Fernsehen. Statt einer tiefgründigen Expert:innen-Recherche zu einem bestimmten Aspekt werden hier drei große Themen (CO2-Zertifikatehandel, Greenwashing von Unternehmen und der Umgang mit Menschen in den Projektgebieten) in 45 Minuten abgehandelt. Eine ambivalente Sicht fehlt, sodass am Ende leicht der Eindruck entstehen kann, dass es in Peru kein vernünftiges Engagement zum Naturschutz gäbe oder geben könne.
Das eigentliche Problem
Das Problem an den konkret in der Reportage genannten Projekten liegt unserer Meinung nach eher bei Handelnden wie ClimatePartner, die in vielen Fällen mangelhafte Projekte “vertrieben” haben. Aber auch darin, dass von Seiten der Firmen oft nicht genau genug gefragt wird oder keine guten Ansprüche vorhanden sind.
Wir sind der Meinung, dass Unternehmen besser nachfragen müssen und sich die Projekte vor Ort selber ansehen, bevor sie dafür einstehen.
Wir empfehlen u.a. folgende Punkte zu überprüfen:
- Für wie lang wird der Schutz gewährleistet? Ist das Projekt auf größtmögliche Langfristigkeit hin angelegt?
- Wie macht die Organisation die Transparenz der Spende sichtbar? Wird genau gezeigt, wo der geschützte Wald sich befindet?
- Welche Indikatoren für konkrete Wirksamkeit werden genannt?
- Welche Möglichkeiten werden mir gegeben, mich selbst über die Qualität der Arbeit zu vergewissern?

Pasaje Las Crisnejas Lote 11
Puerto Maldonado
Madre de Dios

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